Noch 32 Tage – dann ist Silvester und das Jahr 2024 Geschichte. In den Kirchen wechselt das liturgische Jahr schon an diesem Sonntag. Es beginnt mit dem 1. Advent. Neue liturgische Bücher werden aufgelegt, die Kirchen anders geschmückt. Auch in den Straßen merken wir, dass sich etwas ändert: das Grau und Dunkel des November weicht den vielen Lichtern, die jetzt in den Straßen und Häuser leuchten. Advents- und Weihnachtsmärkte laden zum Besuchen ein. Noch wichtiger ist für mich das reiche Brauchtum des Advent. Dazu gehört der Adventskranz.

Ich binde meinen Kranz immer selbst. Jedes Jahr wird er etwas anders, je nachdem welche Zweige zur Verfügung stehen. Und dann werden die vier Kerze darauf befestigt. Am Vorabend des 1. Advent wird die 1. Kerze entzündet. Ich mache das ganz bewusst und mit einem Segensgebet davor. Und ein Lied gehört natürlich auch dazu.

Jedes Jahr wiederholt sich dieses Ritual. Es hilft mir, eine Zeit bewusst abschließen und mich für einen neuen Abschnitt zu öffnen. Unsere Zeit ist so schnelllebig geworden, da fällt es nicht leicht, den Augenblick zu leben. Aber der ist wichtig. Viele sind jetzt schon in ihrer Einstellung bei Weihnachten, aber ohne Vorbereitung läuft dieses schöne Fest Gefahr, oberflächlich zu bleiben, viel zu schnell wieder vorbeizugehen. Dann fragt man sich: Ist es nicht eh jedes Jahr das gleiche?

Aber das ist es nicht. Unser Leben läuft nicht linear – als ob wir immer geradeaus durchs Leben gehen, wie auf einer Zeitleiste, mit vielen Wiederholungen, und dabei älter werden, bis es eben zu Ende ist. Ich glaube viel mehr, dass wir uns entwickeln „wie bei einer Wendeltreppe“, so las ich vor kurzem. Dabei helfen Rituale: sie können dazu beitragen, dem Leben mehr Tiefe zu geben, bewusster und achtsamer zu leben und sich weniger treiben zu lassen.

Auch wenn ich jedes Jahr wieder am Adventskranz die 1. Kerze entzünde, ist es doch jedes Mal etwas Neues! Denn ich bin ein anderer geworden. Ich habe Schönes erlebt in den vergangenen 12 Monaten, das macht mich froh; ich habe aber auch Krankheiten, die hatte ich letztes Jahr noch nicht. So beschäftigen mich andere Fragen und Sorgen, mit denen ich in die Flamme der Kerze schaue und hoffe, dass sie gelöst werden, oder dass ich die Kraft bekomme, mit ihnen zu leben.

Gemeinsam gehen wir dann wieder auf Weihnachten zu und dürfen uns freuen, wie das Licht mehr und heller wird, mit jeder brennenden Kerze, die dazu kommt. Schließlich feiern wir an Weihnachten, dass „das wahre Licht erschienen ist“ – jenes Licht, das das Leben aller Menschen heller machen will – Jesus Christus. Er ist Gottes Botschaft an uns, dass wir nicht alleine sind.

Ich wünsche Ihnen einen guten Weg durch den Advent!

Hermann Becker
Pfarrer im Pastoralen Raum Marktheidenfeld

Bild: Sylvio Krüger in Pfarrbriefservice.de