An Fronleichnam feiert die Katholische Kirche das Hochfest des Leibes und Blutes Christi zur Erinnerung an das hohe Fest der Eucharistie. In diesem Jahr ist es leider nicht möglich mit einer Fronleichnamsprozession durch die Straßen der Stadt zu ziehen und an den Altären zu singen und zu beten. Deshalb haben viele freiwillige Helfer Blumenteppiche in der Kirche gestaltet.
Bei seiner Begrüßung sagte Pfarrer Hermann Becker:
Wir feiern FRONLEICHNAM – den „lebendigen Leib des Herrn“, wir feiern einen Lebenden – nicht einen toten „Leichnam“, Jesus Christus, der sogar mitten unter uns ist – mit seinem Wort, in unserer Gemeinschaft der Brüder und Schwestern, und heute – ganz bewusst – feiern wir seinen Tod, seine Hingabe, und seine Auferstehung: In Brot und Wein, im Zeichen des Mahles – Jesus Christus unter uns.
Fronleichnam ist ein frohes Fest der Sinne: Fahnen, Blumen, Düfte – der ganze Mensch will angesprochen werden.
Predigt:
Nach dem 3. Fastensonntag, dem 15. März, bis Christi Himmelfahrt durften keine öffentlichen Gottesdienste gefeiert werden.
In diesen Wochen hatten die Bischöfe öfter auf die geistliche Kommunion hingewiesen – als eine Form der Gemeinschaft mit dem auferstandenen Herrn, der im gewandelten Brot gegenwärtig ist, den aber der/die Gläubige jetzt – aus welchen Gründen auch immer – nicht direkt leibhaft empfangen kann. Im Geiste – genauer im Heiligen Geist – können wir uns sehr wohl mit dem Herrn verbinden – geistliche Gemeinschaft haben. Unter dieser Vorgabe wurden Messfeiern im Fernsehen und auf Internetportalen übertragen, und sie werden auch weiterhin übertragen.
Bei manchen ist die Sehnsucht und der Hunger nach der Kommunion geblieben und gewachsen, und viele haben mir gesagt: endlich wieder, auch hier bei uns.
Aber – so mancher wird in diesen Wochen auch gemerkt haben: so wichtig ist mir der Besuch der Sonntagsmesse auch wieder nicht; eigentlich fehlt uns nichts; die Zeit, die wir dafür miteinander verbracht haben, war auch schön.
Und dazu – da gibt es noch die räumlichen Begrenzungen, die Auflagen, der MNS, die Sorge vor Ansteckung, …, die manchen vom Gottesdienst fern hält. Aber ich befürchte, dass wir auch in normalen Zeiten deutlich weniger Gottesdienstbesucher haben werden, vor allem unter den jungen.
Das stellt uns – mir, Ihnen, Dir – die Frage: was bedeutet mir die Kommunion?, der „lebendige Leib des Herrn“? Genügt es nicht, wenn wir uns in der Familie treffen, einander erzählen, vielleicht in der Bibel lesen und uns dazu austauschen, und dann auch „Mahl halten“ – ein Stück Brot teilen?!
Ich weiß nicht, wie viele Familien, Nachbarn, Wohngruppen das in den vergangenen Wochen gemacht haben – eine kleine Form von „Hauskirche“ erlebt und gefeiert haben. Das wäre schön!, wenn es ganz viele gemacht hätten. Aber da bin ich mir nicht sicher.
Wozu brauchen wir die Großkirche? die anderen, die Gemeinde? die sonntägliche Versammlung?
Die Richtung einer Antwort heißt nicht entweder oder, sondern sowohl als auch. Aus den Hauskirchen setzt sich die Gemeinde zusammen – ideal gedacht. Hier am Altar in der Kirche bringen wir dar, was jeder mitbringt. Und die vielen, die alleine leben, die niemanden haben zum Brot-teilen, sollen auch die Gemeinschaft im Herrn mit den Brüdern und Schwestern erfahren. Heute hören wir Jesus sagen:
„Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag.“
Im Mahl-halten erleben wir, was uns nährt und Kraft geben will, als Christen im Alltag zu leben und zu bezeugen, was wir erhoffen – letztlich das ewige Leben.
Hier empfangen wir nicht nur das gesegnete Brot, sondern das gewandelte Brot, den wahren Leib des Herrn, und hoffentlich eines Tages auch den gewandelten Wein, den Lebenssaft, das Blut des auferstandenen Herrn. Jesu Worte bleiben anstößig, herausfordernd, sie wollen zu Herzen gehen, und uns bis in die letzten Zellen ausfüllen, dass wir wirklich eins werden mit Christus und seiner Liebe und seiner Hingabe. Nicht nur das Brot und der Wein sollen gewandelt werden, sondern wir – zu hoffnungsvollen, begeisterten, positiv denkende Jüngern und Jüngerinnen Jesu, zu Menschen, die klar denken und doch aus der Liebe Gottes zu leben versuchen.
Wenn wir heute nicht mit der Monstranz und der Hostie in ihrer Mitte durch die Straßen ziehen können, so gehen wir doch nach dem Gottesdienst hinaus – und jeder, der den Leib Christi in sich aufnimmt, wird dann zu einer kleinen Monstranz: durch uns kommt Christus unters Volk, in die Stadt, in die Familien und Gruppen, die sich wo immer treffen.
Text:Hermann Becker ; Bilder:Erhard wiesmann